Als alleinerziehende Mutter ist der Ex-Mann immer gut, um einen aus der Ruhe zu bringen, oder? Zumindest ist das bei mir so.
Bei unserer Trennung habe ich mir etwas anderes gewünscht. Es sollte mit Achtung und Respekt geschehen. Jeder sollte den anderen ein neues Leben gönnen. Die Kinder sollten sich nicht zwischen einer Partei entscheiden müssen, und unser aller Verhältnis sollte geprägt sein von Respekt, guten Erinnerungen und den besten Wünschen für den andern. Aber das ist nur Theorie.
Die Wahrheit ist, dass die Verletzungen der vergangenen 15 Jahre einfach sehr tief sitzen. Alles, was wir uns gegenseitig angetan haben, liegt verborgen unter der Oberfläche und eitert vor sich hin, wie eine Wunde.
Er ist wie ein Pickel am Hintern
Gerade gestern habe ich mich wieder in dieser Ich-könnte-ihn-umbringen-Emotion gefunden. Mit ein paar Kommentaren und einer egozentrischen Aktion, in der er seine Stärke demonstrieren wollte, hatte er meine Betriebstemperatur im Nu auf einen neuen Höchststand gebracht.
Und dabei hatten wir gerade letzte Woche am Telefon besprochen, dass wir die Kinder emotional nicht zerreißen möchten. Ich will nicht, dass sie das Gefühl haben, sich zwischen Mama oder Papa entscheiden zu müssen. Es gibt keine zwei Lager, die gegeneinander kämpfen, oder doch?
Doch es gibt sie! Um einen Streit zu vermeiden, telefonieren wir nur noch miteinander, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Absprachen werden über die Kinder weitergegeben. Das klappt leider nicht so gut. Die Kinder vergessen oder verdrehen wichtige Details oder Daten. Und dann ist mein Ex-Mann sauer auf mich, weil mal wieder etwas schief ging.
Neulich z.B.: Die Kinder waren an dem Wochenende bei ihrem Vater und hätten in der Folgewoche 2 Tage Schulfrei gehabt. Mein Sohn fragte mich, ob sie diese Tage nicht bei Papa bleiben könnten, wenn der Zeit hätte. Ich hatte grundsätzlich nichts dagegen, denn ich möchte, dass sie ihre Freizeit nach Möglichkeit selbst gestalten können. Allerdings wohnt mein Ex-Mann 25 km von mir entfernt, und ich hatte keine Lust meinen Zeitplan durcheinander zu bringen, um die Kinder außer der Reihe wieder abzuholen. Normalerweise hole ich die Kinder am Sonntag ab, wenn ich meine Mutter im Altersheim besucht habe, das liegt dann auf dem Weg. Ich sagte ihm also: „Ich habe nichts dagegen. Allerdings muss euer Vater dann am Dienstag dafür sorgen, dass ihr wieder nach Hause kommt. Ich hole euch nicht ab.“ Damit war für mich der Fall erledigt.
Mein Ex-Mann machte aber aus dieser Information folgendes: Er hörte nur, dass er die Kinder selbständig nach Hause bringen sollte. Da er kein eigenes Auto hat, ist das für ihn nicht so einfach zu organisieren. In einem Anfall von Panik nahm er sich ungefragt das Auto seiner Schwester und fuhr die Kinder nach Hause. Allerdings war ich zu dieser Zeit nicht da. Es war kalt und die Jungs mussten fast eine Stunde im Auto warten, bevor sie genervt wieder zurückfuhren. In der Zwischenzeit war ich aber schon bei meinem Ex-Mann gewesen, um die Kinder, wie geplant, abzuholen. Sie waren nicht da und wir hatten uns verpasst. Das ganze Missverständnis klärte sich erst durch mehrere Telefonate auf, in denen jeder den anderen beschimpfte, Forderungen stellte und auf den eigenen Standpunkt beharrte. Es entwickelte sich ein dicker Streit.
Tatsache ist es gibt sie, diese zwei Lager, die gegeneinander kämpfen. Darum, wer die Kinder besser versteht, umsorgt, bei wem die Kinder lieber sind oder nicht. Und je mehr jeder von uns versucht, seine Argumente zu untermauern und in den Vordergrund zu stellen, umso stärker werden die Kinder belastet. Was ich am meisten wünsche, verhindere ich durch mein eigenes Verhalten.
Er ist wie ein Pickel am Hintern! Du versuchst ihn zu ignorieren, aber jedes Mal, wenn du dich setzen möchtest, eine falsche Bewegung machst oder deine Jeans heute leider eine Nummer zu klein ist, sticht er in dein Fleisch, und du wirst daran erinnert, was du mit aller Kraft ignorieren wolltest!
Aber wie soll es anders gehen?
Über diese Frage habe ich die letzte Nacht gegrübelt. Es muss anders gehen.
Einerseits möchte ich, dass sich meine Kinder frei entwickeln, ihre Talente entfalten und die Welt auf ihre eigene Weise entdecken. Andererseits will ich ihnen gegenüber auch authentisch sein, meine Gefühle nicht vor ihnen verbergen und ihnen auf Augenhöhe begegnen. Mein Ex-Mann ist in meinen Augen ein Loser, und mein größter Wunsch ist es, möglichst wenig mit ihm zu tun zu haben. Doch genau mit dieser Emotion mache ich mich weiterhin von ihm abhängig. Je mehr Energie ich in dieses Gefühl lege, umso präsenter ist er in unserem Leben, und umso mehr setze ich selbst meine eigenen Kinder unter Druck.
Die Lösung ist also, sich von der negativen Emotion zu trennen. Was hat sie in meinem Körper und meinem Kopf zu suchen? Jedes Gefühl von Hass und Wut das ich in mir erzeuge, schädigt mich selbst und meine Kinder. Denn sie spüren, wie es mir geht. Sie sehen an meinem Gesicht, womit ich mich gerade beschäftige, das gehört zu ihrem Überlebensinstinkt (in meinen Büchern rede ich ausführlich über die Fähigkeit der Kinder, die Emotionen ihrer Bezugspersonen zu lesen. Es sind echte Profiler!). Ich kann meinen Ex-Mann nicht ändern und auch nicht in die Wüste schicken, egal wie sehr ich mir das wünsche. Aber ich kann mein eigenes zuhause sauber halten, und den Kindern eine angenehme Atmosphäre bieten; mit Respekt füreinander, viel Liebe und Klarheit.
Sei der Regisseur deines eigenen Hollywood-Films
Ich kann authentisch und ehrlich zu ihnen sein und mich frei fühlen, wenn ich es im Kopf bin. Und die Schritt-für-Schritt-Anleitung habe ich in einem Buch von Dr. Joe Dispenza gefunden. In dem Buch, Ein neues Ich. Wie Sie Ihre gewohnte Persönlichkeit in vier Wochen wandeln können (Koha Verlag, 11. Ausgabe, 2019), beschreibt er in der Anleitung für die vierte Woche (S. 323ff) u. a., dass ich die ideale Situation mit mir selbst in der Hauptrolle als ideales Selbst beschreiben soll. Ich soll mir vorstellen, wie dieses ideale Selbst in dieser Situation ist, was es erfährt und erlebt, was dieses Selbst zu mir jetzt gerade sagen würde, wie sie handeln würde und was sie fühlen würde. Das ist der Bauplan für die Veränderung der Situation. Wenn ich mir ansehe, wie es in dem Film sein würde, in dem ich das Drehbuch schreibe, nehme ich die Position des Regisseurs ein. So kann ich proben, wie ich am liebsten reagieren würde, wie ich handeln würde und was ich sagen würde. Das ist der Weg zu einer echten Veränderung.
Und so kann ich erleben, wie ich mich stark, unabhängig und sicher fühle, jetzt, wenn ich die Situation betrachte während sie passiert. So bekomme ich Klarheit über meine Ziele und einen Überblick über meine Optionen. Ich kann überlegen, was ich tun könnte, um mein Ziel zu erreichen, und welche Aussage ich damit treffen möchte, weil ich einen Abstand zu der Situation bekommen habe. Es ist fast so, als ob ich ein Beobachter / Coach meiner eigenen Situation bin. So habe ich den nötigen emotionalen Abstand, um die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen, und zu agieren, anstatt auf die Aktionen meines Ex zu reagieren.
In der aktuellen Situation bin ich z. B. auf die Idee gekommen, diesen Artikel zu schreiben, um dir von meiner Erfahrung zu berichten. Vielleicht bist du ja gerade in einer ähnlichen Situation, und suchst nach einer Möglichkeit, wie du wieder innere Sicherheit und Selbstvertrauen aufbauen kannst, und wie du die richtige Entscheidung findest, die für dich passt.
Ich kann nun die Dinge tun, die ich tun muss. Und anschließend lasse ich die Situation gehen. Ich spreche mit meinem Anwalt, schreibe vielleicht noch ein paar Emails und bringe die Dinge auf den Weg, die getan werden müssen. Aber danach will ich mich gefühlsmäßig von der Sache verabschieden.
Denn ich habe für meine Familie beschlossen, dass wir uns miteinander wohl fühlen; gemeinsam in unserer Wohnung. Wir leben das Leben das wir uns wünschen und das wir selbst gestalten. Und alles, was nicht dazu gehört ist auch nicht da; und das mit ganzem Herzen.
Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem Beitrag etwas Mut machen und dir neue Inspirationen geben. Wenn du Lust hast, schreib mir doch einen Kommentar oder eine Email, in der du von deinen Erfahrungen berichtest.
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Ich wünsche dir viel Spaß bei der Vermehrung deiner Erkenntnisse.
Alles Liebe,
Deine Sabine
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