Derzeit schreibe ich gerade an meinem nächsten Buch. Es dreht sich um den Begriff Mental Load. Der Ausdruck taucht immer häufiger auf, wenn es um Mutterschaft, Beziehung oder Life-Balance geht. Er beschreibt das Gefühl dass du hast, wenn du versuchst dein Familienleben, Berufsleben und Selbstgefühl unter einen Hut zu bringen. Es beginnt ganz heimlich, fast unmerklich, doch es hört nie auf. Ich brauchte Jahre, bis ich es selbst überhaupt benennen konnte, dieses komische Gefühl in der Brust.

Ich wurde sehr spät Mutter. Meinen ersten Sohn bekam ich mit 38, meinen zweiten mit 41. Die Schwangerschaften waren also wirklich eine freudige Überraschung. In meiner Vorstellung wollte ich die beste Mutter für mein Kind sein (diesen Anspruch habe ich heute noch). Als moderne Frau mit einem Hochschulabschluss, und als selbständiger SAP-Beraterin, war es für mich auch kein Problem mir vorzustellen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Schließlich gibt es in Deutschland einen Betreuungsanspruch und ein groß ausgebautes Kita-Angebot (das war etwas naiv, ich gebe es zu). Alles, was ich organisieren konnte, hatte ich organisiert, aber auf das, was nach der Geburt kam, war ich nicht vorbereitet.

Mein Bewusstsein änderte sich durch die Mutterschaft.

Ich war nicht mehr nur für mich selbst verantwortlich, sondern musste für ein Kind sorgen; für den Rest meines Lebens. Auf einmal lauerten überall Gefahren. Eine unbedachte Reaktion, eine falsche Handlung, konnten dem Kind ein Trauma zuführen, das ihn für sein ganzes Leben prägen würde. Meine Freundinnen erkannten mich nicht wieder. Auf einmal war es mir wichtig, dass alles sauber war (früher legte ich den Begriff „Sauberkeit“ großzügig aus), regelmäßig gekocht wurde (natürlich bio und vegetarisch) und ich zu jeder Zeit für meine Familie verfügbar war. Ich war völlig fremdbestimmt und dachte nur noch an die gesunde Entwicklung meines Kindes und meiner Familie. Meine eigenen Bedürfnisse nach Schlaf, Erholung, persönlichem Spaß oder nach dem, was mir früher wichtig war, waren überhaupt nicht mehr da. Ich hatte jedes Gefühl für mich selbst verloren. Ich definierte mich komplett über die Kinder.

Diese Haltung spiegelte sich auch in meinen Tätigkeiten: Verabredungen zum Kaffee oder zum Sport vielen fast komplett weg. Wenn mich doch mal eine Freundin überreden konnte abends etwas trinken zu gehen, dann schaute ich ständig auf die Uhr oder mein Smartphone, weil ich mir unsicher war, ob meine Kinder mich brauchen. Meine geliebten Yoga-Kurse besuchte ich nur, wenn meine Muskeln komplett verkrampft waren und ich dringend eine Auszeit brauchte. Aber nur, damit ich die Belastung weiterhin aushalten konnte.

Ich war einfach überall

Denn selbstverständlich stand ich jedes Mal nachts auf, wenn eines meiner Kinder wach wurde. Als ich meinen zweiten Sohn bekam, gab es Nächte, in denen ich nur vier Stunden Schlaf bekam (und die noch nicht einmal am Stück). Ich kümmerte mich um die Kinderbetreuung, Windeln, Arzttermine, Geburtstage, Friseurtermine für das Kind, Anziehsachen, Kita-Freundschaften, Früh-Förderung, etc. Am Wochenende hatte ich immer einen schönen Speiseplan vorbereitet (mit Sonntagsessen, Nachtisch und Kuchen), das Treppenhaus wurde Samstags gewischt, der Rasen Freitags gemäht. Ich saß mit meinen Kindern vor dem Fernseher und schaute sinnbefreite Sendungen, nur damit ich sicher war, dass die Medienzeit eingehalten wurde und die Kinder nicht die Fernbedienung ausprobieren konnten. Und selbstverständlich war ich die Einzige, die die Kinder abends ins Bett brachte. Ich tat also alles, was eine gute Mutter in den 1960er Jahren getan hätte. Doch als moderne Frau des 21. Jahrhunderts ging ich natürlich Vollzeit arbeiten. Ich gab meine Reisetätigkeit als SAP-Beraterin auf und eröffnete meine Kindertagespflege, um jederzeit für meine Kinder erreichbar zu sein.

Mein Mann sah das leider anders und ging nicht arbeiten. Trotzdem ließ er mich mit den Haushaltsaufgaben gerne allein und fand es auch sehr angenehm, dass er sich nicht auf den Spielplatz setzen musste, um sich mit anderen Müttern über Kinderthemen auszutauschen. Nachts übertönte er das Kinderweinen mit seinem eigenen Schnarchen, und in der Küche fühlte er sich immer deplatziert (was das Einkaufen miteinschloss).

Selbst Schuld

Du schüttelst jetzt wahrscheinlich den Kopf und denkst: Selbst Schuld. Und damit hast du auch Recht. Niemand hatte mich gezwungen so ein Leben zu führen. Niemand hat von mir erwartet, dass ich ein multifunktionales Mutter-Tool bin, dass alles gleichzeitig und in Eigenregie erledigt; schon gar nicht mein damaliger Mann. Der Witz bei der Geschichte ist: Ich fühlte mich gut dabei. Ich hatte das Gefühl, die Mutter zu sein, die ich sein wollte. Ich hatte alles im Griff und behielt den Überblick. Und da ich selbst ja alles am besten konnte, war ich auch selbst dafür verantwortlich. Ich hatte mein ICH vergessen. Alles, was mich sonst ausgemacht hatte. Alles, was ich an mir selbst geliebt hatte. Alles, wofür ich von meinem Mann geliebt wurde.

Ich hatte eine Maske aufgesetzt, die ich nur zum Schlafen abnahm. Nach außen wirkte ich glücklich, strahlend, energiegeladen, fröhlich und aktiv. Doch sobald ich meine Kinder im Arm hatte, die Geschichte gelesen oder erzählt war und das Licht ausgemacht wurde, sank ich in mir zusammen. Völlig erschöpft schlief ich ein, bis mein Mann mich weckte, um ins Bett zu gehen.

Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie unser Sexualleben aussah: Es war nur eine süße Erinnerung. Da wir keinerlei gemeinsame Interessen mehr hatten (abgesehen von dem Wohl der Kinder), gab es auch kein Verlangen danach, Zeit mit dem anderen zu verbringen. Unsere halbherzigen Versuche, mal wieder etwas gemeinsam zu unternehmen, endeten damit, dass wir ins Kino gingen, weil wir uns im Restaurant nur angeschwiegen hätten. Im Kino mussten wir uns nicht unterhalten.

Auch im Sozialleben war ich angespannt. Ich wurde schnell wütend und hatte sehr genaue Vorstellungen davon, wie etwas zu sein hatte. Mit Kolleginnen und dem Jugendamt geriet ich häufig in Streit, wenn wir nicht einer Meinung waren. Ich dachte 24/7 nur an Alltagsthemen. Mein vegetatives Nervensystem war ununterbrochen auf Überlebensmodus eingestellt. Ich konnte nichts und niemanden mit meinen Augen fixieren, weil meine Pupillen ständig in Bewegung waren. Einer Unterhaltung konnte ich nur ein paar Minuten folgen und meine Nacken- und Rückenmuskulatur war steinhart und schmerzte.

Aus diesem Alptraum wachte ich erst nach der Trennung von meinem Mann auf

Es war mehr ein Befreiungsschlag als eine Trennung. Es genügte ein Funken, der das Pulver zum Explodieren brachte. Und mit dieser Explosion kamen alle Dinge zu Tage, die jahrelang unter der Oberfläche vor sich hin faulten. Alle unterdrückten Gefühle, all die Enttäuschung und der Frust, weil ich mich nicht genügend wertgeschätzt fühlte. Seine Enttäuschung und Frust, weil er sich in seiner Rolle nicht wohlfühlte. Alles flog in die Luft und spritzte bis an die Decke.

Ich meine, hätte ich damals bereits von dem Begriff Mental Load erfahren, vielleicht wäre vieles dann anders gekommen.

Kennst du das?

Mental Load ist nicht einfach eine volkswirtschaftliche Kennzahl. Es ist ein Problem unserer Gesellschaft.

Unser Leben hat sich in den vergangenen 50 Jahren grundlegend geändert, wie seit der Industriellen Revolution nicht mehr. Wir Frauen sind viel besser ausgebildet als unsere Mütter und Großmütter. Wir stehen (mehr oder weniger) gleichberechtigt im Berufsleben, können unsere Berufe nach unseren Neigungen wählen und sind in allen Bereichen 100% Lebenspartner.

Und trotzdem sind wir Mütter, die ihren Kindern Nestwärme geben möchten. Wenn wir schon größere finanzielle Freiheiten als unsere Vorfahren haben, dann möchten wir auch den Traum von einem schönen Zuhause und einem erfüllten Familienleben verwirklichen. Doch wie geht das? Gibt es dafür eine App? Brauche ich nur meine Gedanken, Gefühle, Aktivitäten etc. zu überwachen, und finde automatisch zu einer Parent-Work-Live-Balance?

Ich möchte meine Leser an der Entstehung dieses Buches teilhaben lassen

Das Thema betrifft uns alle, und wir können alle voneinander lernen. Was sind deine Erfahrungen? Wie fühlst du dich in deinem Familienleben? Kennst du das, was ich oben beschrieben habe?

Dann trag dich in meinen Newsletter ein und lass uns gemeinsam darüber diskutieren.

Ich schicke dir regelmäßig Überschriften oder Textproben und frage dich nach deinen Gedanken und Erfahrungen. Gemeinsam können wir ein Buch schreiben, dass wirklich weiterhilft.

Ich freue mich auf deine Nachricht.

Viele Grüße,

Deine Sabine